Reinickendorf

Reinickendorf - von Innenstadtlagen über Tegeler See bis nach Frohnau

Wer mit dem Auto die A111 befährt, wird sich vielleicht schon einmal gewundert haben, dass an der Ausfahrt Waidmannsluster Damm Schilder auf ein Kreuzfahrtterminal hinweisen. Nun ist Reinickendorf zwar der nördlichste Berliner Bezirk, aber zur Ostsee sind es denn doch noch gut 220 Kilometer.

Das Geheimnis ist schnell gelüftet: Seit Anfang 2015 führen die Wegweiser zum Schiffsanleger im Tegeler Hafen, von dem aus Flusskreuzfahrten über Havel und Oder angeboten werden. Mit dem großspurigen Begriff „Terminal“ prescht der Bezirk im Rennen um die Federführung im immer beliebteren Reisesegment der Flusskreuzfahrten vor, denn im Senatsprogramm zur Förderung des Wassertourismus sind Anleger beispielsweise auch im Westhafen oder auf der Spree geplant.

Tegel selbst ist einer der überregional bekanntesten Berliner Stadtteile, was TXL – also dem noch betriebenen Flughafen Otto Lilienthal zu verdanken ist.

Die Reinickendorfer verbinden den Stadtteil aber vorrangig mit dem Tegeler See und seinen Dampferanlegern an der Greenwichpromenade und die Einkaufsstraßen um Gorki-, Berliner Straße und Alt-Tegel.

Wer hier wohnt, schätzt sowohl die Abwechslung zwischen Urbanität, Wasser und Wald als auch die hervorragende Infrastruktur mit U- und S-Bahn sowie dem nahen Zubringer zum Stadtring. Kein Wunder, dass die Mietpreise in den meisten Tegeler Kiezen binnen Jahresfrist um 5 bis 15 % anzogen. Eigenheimbesitzer sind eher in den nördlichen Stadtteilen Heiligensee, Hermsdorf, Lübars und natürlich auch Frohnau anzutreffen.

Seit mehr als hundert Jahren, erfreut sich Frohnau einer ungebrochenen Beliebtheit. Die als Gartenstadt um den heutigen S-Bahnhof geplante Siedlung wurde 1910 als landschaftsarchitektonisches Gesamtkonzept mit zwei zentralen Plätzen angelegt. Zahlreiche imposante Villen im Jugendstil in leicht geschwungenen Alleen zeugen noch heute von der städtebaulichen Prägung des Gesamtensembles.

Wer es sich leisten kann, bevorzugt eine der feinen Adressen in Frohnau, auch wenn der Weg in die Stadt weit und im Berufsverkehr stets staugeladen ist.

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Etwas günstiger lassen sich Eigenheime im benachbarten Hermsdorf erwerben. Besonders beliebt sind Lagen um den Waldsee oder in der Nähe des Tegeler Fließes, einem Überbleibsel des Urstromtales. Zu Zeiten der Deutschen Teilung waren Parzellen hier draußen im Grünen für die „Insel-Berliner“ rar und entsprechend teuer.

Die Nähe zu den Nordberliner Villen-Vororten bescherte der angrenzenden Brandenburger Gemeinde Glienicke/Nordbahn, die sich mit dem berühmten „Entenschnabel“ zwischen Frohnau und Hermsdorf schiebt, nach der Wende knapp eine Verdreifachung der Einwohnerzahl. Zahlreiche Siedlungsgebiete, wie beispielsweise dem Sonnengarten, boten in den Boomjahren der 1990er vergleichsweise erschwinglichen Wohnraum für Mieter und Käufer. So zogen fast 6.000 Berliner ins Brandenburgische und blieben trotz OHV-Kennzeichen doch gefühlte Nordberliner.

Auch in den Ortsteilen Heiligensee, Konradshöhe, Tegelort und Lübars sowie zum Teil noch Waidmannslust überwiegen Eigenheime. Wobei in Heiligensee die Lagen an Havel und Tegeler Forst – die naturnahe Umgebung zwischen Wald und Wasser – die wesentlichen Kriterien sind, sich hier niederzulassen, glänzt Lübars mit seinem ganz dörflichen Charme. Hier kann es passieren, dass Einem Reiter und Traktoren entgegenkommen – und auch die Geländewagen passen in Lübars ins Bild. Um den restaurierten Dorfanger herum vergisst man schnell, in der deutschen Hauptstadt zu sein, würde der Blick über die Felder nicht am südlichen Horizont an der Skyline des Märkischen Viertels hängenbleiben.

Obwohl das Märkische Viertel – kurz MV genannt – nur 2/3 der Fläche von Lübars hat, leben hier siebenmal so viele Berliner, wie nebenan.
Ausgehend von dem Wohnungsbedarf der Nachkriegsjahre wurde Anfang der 1960er Jahre anstelle der in Kleingartenbaracken untergebrachten Notunterkünfte eine zeitgemäße moderne Stadt vom Reißbrett aus geplant. Knapp 17.000 moderne Wohnungen in zum Teil 20-geschossigen Hochhäusern mit eigenen Schulen, Einkaufsmöglichkeiten und Schwimmbad konnten zwischen 1964 und 1974 bezogen werden.

Tatsächlich aber kam die Infrastruktur aus der Retorte der rasant wachsenden Bevölkerung nicht hinterher. Nur mit dem Bus zu erreichen, blieben die MVler praktisch auf ihr Viertel begrenzt. Die wenigen Freizeiteinrichtungen boten nur geringe Abwechslungsmöglichkeiten, was schnell zur Frustration, insbesondere bei den jungen Bewohnern führte. Lange Jahre hatte das Märkische Viertel den Ruf des Sammelbeckens für sozial schwächere Berliner weg, ein Image, das auch genauso lange in den Medien aufrecht erhalten wurde.

Inzwischen sind Plätze und Parks neu gestaltet, die Platanen zu stattlichen Alleen herangewachsen. Ein günstiges Mietpreisniveau ab 6 €/m² Nettokalt auf den Quadratmeter spricht heute wieder viele Mieter an. Seit 2008 ist das größte energetische Modernisierungsprojekt im deutschen Wohnungsbau mit Modellcharakter für den nachhaltigen Umbau von Großsiedlungen in ganz Deutschland und für die Umsetzung der Energiewende im Gange. Mit dem termin- und budgetgerechten Abschluss der Maßnahmen Ende 2015 gibt die GESOBAU mehr als 30.000 Menschen ein energetisch zukunftsfähiges Zuhause, hat weit mehr als eine halbe Milliarde Euro investiert und wird jährlich rund 39.000 Tonnen CO2 einsparen. Somit ist das Märkische Viertel als Deutschlands größte Niedrigenergiesiedlung annähernd CO2-neutral.

Der namensgebende Ortsteil Reinickendorf zwischen Kurt-Schumacher-Platz und Provinzstraße ist nach dem Märkischen Viertel der am zweitdichtesten besiedelte Ortsteil im Berliner Norden. Dichte Bebauung mit Mietwohnhäusern unterschiedlichster Baujahre und Erhaltungszustände prägen das Stadtbild. Hervorzuheben ist die seit 2008 zum Unesco Weltkulturerbe zählende „Weiße Stadt“ an der Aroser Allee. Die im Stil der Neuen Sachlichkeit in leicht geschwungenen Formen 1929-1931 erbaute Siedlung erfreut sich wieder einer lebhaften Nachfrage. Das fünfgeschossige Brückenhaus ist weithin als Synonym für modernen Siedlungsbau bekannt.

Die Einflugschneise des Flughafens Tegel verläuft genau über den Ortsteil Reinickendorf, wobei die Flugzeuge im Landeanflug schon so tief sind, dass man sie fast anfassen könnte – und zu überhören sind sie erst recht nicht. Mit der Schließung von TXL kehrt auch hier bald so viel Ruhe ein, wie man es von den anderen Reinickendorfer Ortsteilen gewohnt ist.

Die klassischen Mietwohnlagen mit Reinickendorf, Tegel und Wittenau (Märkisches Viertel) liegen mit 8,50 €/m² nettokalt auf einem mittleren Berliner Niveau. In der Neuvermietung werden oft 10 % höhere Mieten erzielt, wobei das Märkische Viertel mit einem konstanten Niveau die Ausnahme bildet. Die in Relation wenigen Mietwohneinheiten in Hermsdorf, Frohnau und Heiligensee erzielen in guten Lagen sogar über 30 % höhere Mietpreise bei einem schon bestehenden Mietniveau um 10 €/m² Wohnfläche.

Eigentumswohnungen waren bis vor einigen Jahren in Reinickendorf und Borsigwalde noch unter 1.000 €/m² zu haben. Ende 2015 lagen die Preise i.d.R. beim 3-fachen. Schon gut nachgefragte Lagen der Außenbezirke zeigen Steigerungen bis zu 60 % bei einem Preisniveau von 2.500 bis 3.000 €/m² auf.

Freistehende Einfamilienhäuser sind in Reinickendorf und den Ortsteilen kaum unter 3.400 €/m² zu bekommen. Bei der Preisentwicklung im Eigenheimsegment findet zur Zeit eine Angleichung der Preise statt. Bislang unterbewertete Mikrolagen erfahren Preisaufschläge im zweistelligen Bereich, wohingegen einige hochpreisige Lagen Abschläge in ähnlicher Größenordnung hinnehmen müssen.

  • Im Tegeler Forst steht der höchste Baum Berlins – die 45 Meter hohe Burgsdorf-Lärche.
  • Sogar ein Stück England ist in Reinickendorf zu finden, denn auf der Greenwichpromenade steht eine typisch englische Telefonzelle.
  • Die JVA Tegel ist das größte Gefängnis Deutschlands.
  • Europas größte Tiefkühlpizza-Fabrik ist in Wittenau zu finden.
  • Die erste Großwohnsiedlung Berlins war das Märkische Viertel und wurde von 1963 bis 1974 gebaut.
  • Im Frohnauer Forst kann man über gepflasterte Straßen spazieren gehen. Die schon bei Gründung Frohnaus angelegten Straßen wurden aber nie besiedelt.
  • Der 1925 eröffnete Borsigturm war mit 65 Metern Höhe das erste Hochhaus in Berlin.
ÜbersichtReinickendorfBerlinAbweichung
Fläche89,5 km²891,7 km²10,0% Anteil
Einwohner263.5973.711.9307,1% Anteil
Einwohnerdichte2.947/km²4.163/km²- 29,2 %
Wohnungen131.1491.932.2966,8% Anteil
Wohnfläche je Wohnung77,3 m²73,2 m²+ 5,6 %
Wohnfläche je Einwohner38,5 m²38,1 m²+ 0,9 %
Personen je Haushalt2,011,92 4,6 %
Pro-Kopf-Einkommen mtl.1.008 €1.015 €- 0,8 %
Arbeitslosenquote8,7 %7,6 %+ 14,5 %
Migrantenanteil31,9 %32,5 %- 2,0 %
Ausländeranteil17,0 %19,2 %- 11,1 %
Angebotsmieten (Mittelwert)8,49 €/m²9,83 €/m²- 13,63 %
Angebotsmieten Neubau11,33 €/m²13,24 €/m²- 14,4 %
m²-Preis ETW (Durchschnitt)2.569 €/m²3.292 €/m²- 22,0 %
m²-Preis ETW Neubau3.676 €/m²4.590 €/m²- 19,9 %
Angebotsmieten Häuser (Mittelwert)11,26 €/m²11,82 €/m²- 1,7 %
Angebotsmieten Häuser Neubau12,79 €/m²12,98 €/m²- 1,5 %
m²-Preis Häuser (Durchschnitt)3.763 €/m²3.599 €/m²+ 4,6 %
m²-Preis Häuser Neubau4.016 €/m²3.848 €/m²+ 4,4 %
Quellen: Statistisches Landesamt Berlin (2018); IBB (2018), BVBI (2019), IS24 (2019)
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